Also Zeit rast ja meist, fliegt quasi. Schnell wie ein Pfeil, manchmal leicht gekrümmt wegen dem vielen Raum durch den so eine Zeit schleunigst hindurch muss. Zeit anzuhalten ist unglaublich schwierig, also eigentlich unmöglich und macht nur sentimental. In der Kunst wird wie im Privaten gerne versucht verflossene Zeit zu verfestigen, indem man sich ein Bild von ihr macht. Pop ist seit jeher eine ganz beliebte Fallgrube für Zeitgefühl und vielleicht genau darum macht der Oursler Tony in Videos. Aktuell Pop-Musik-Videos, aber immer mit in/auf Puppen projizierte Gesichter. Das ist schön schräg und bricht die Wahrnehmung durch einfache Verfremdung nebst frischer Meta-Ebene.
In unserem heutigen Beispiel haben wir es mit einer Art drogenfreier FSK 6 Halluzination mit Stehblues-Romantik in hemdsärmeliger Werkstatt-Atmosphäre zu tun. Die Pop-Star-Puppe wirkt dabei von der Zeit stark geprägt, während die zweite dazu einfach schweigt. Nach schlichtem Abgang bleiben die Larven leer zurück.
„Time may change me, but I can´t change time.“
Aus der Exsklaven-Perspektive betrachtet sind die etwas willkürlich erscheinenden Berlin-Tupfer trotz Schwarzweiss kunterbunt. Zudem sorgt der elegische Sound mutwillig für eine altersmilde Unschärfe. Und als die Zwanzigtausend ohne Begrüssungsgeld über die „Bose Brucke“ zum Kudamm pilgerten, blieb die Zeit tatsächlich für einen Augenblick stehen. Jedenfalls für den in SO 36 recht verwirrt staunenden Hobbyschweizer.