Chinesischer Durchfall

Ein Setzer vom Tagblatt Zürich zeigte unlängst (s)eine lustige Seite:

Die SVP hat dann doch zuletzt gelacht – das geplante Nagelhaus wurde in einem Plebiszit von den Zürchern abgelehnt.

In einem von der SVP kampagnenhaft geführten Kulturkampf überzeugte das goldige Plakat — wieder einmal hat die SVP-Agentur anscheinend die richtige Bildsprache gefunden. Nix wird verlocht und goldene Nasen verdient keiner. Vielleicht liegt es an der lehrerhaften Kunstvermittlung, zumal der geplante Hafenkran am Limmatquai schon für Irritationen sorgt. Dass eine lokale Bausünde — ein in den 1970er Jahren gebauter Autobahnzubringer zerschneidet die Stadt — prominent ans Kreuz geschlagen wird, setzt eine selbstkritische Distanz voraus. Diese scheint bei dem über moderne Kunst abstimmenden Volk dann doch etwas zu gross zu sein. Wahrscheinlich ist der gedankliche Weg von China zum Zürcher Escher-Wyss-Platz auch einfach zu weit. Näherliegende Minarette haben sich die Schweizer aber schon verboten.

Eine lässige Weltläufigkeit demonstrieren solche Entscheide nicht gerade. Die kulturelle Bunkermentalität in der Kinderstube des Dadaismus vertrüge wohl eher ein kolossales Schwingerhosendenkmal im Ausflugshafen der selbsternannten Little Big City.

Punk´s not dead.

Minimetal sind zwei durch die Punk-Ära geprägte Schweizer an Stromgitarre und Schlagzeug. Im Theaterhaus Gessnerallee führten die beiden Künstler nun ihre Punkrock-Oper Super Biker Girl auf. Das Klangbild ist brachial und laut, die verdichtete Bühnenpräsenz mit sparsam gesetzten Lichtakzenten unbedingt authentisch und eindringlich. Zudem wird das Ganze mit einer Prise Selbstironie und Unfertigkeit vorgetragen und bewahrt so die Darbietung davor allzu artsy-fartsy zu wirken.

Ausgewürfelt: Schlussbild der einstündigen Aufführung

Zugegeben: das Gutheissen der Transformation von Punk zu Galerieware und theatralem Auftreten erfordert eine Portion generationsbedingter Altersmilde und wohlwollende Autoreflexion ist hierbei durchaus hilfreich.

Zur Zürcher Premiere wurden Ohrenstöpsel gereicht. Der Hobbyschweizer nahm seine unbenutzt mit nach Hause.

Atmosphäre

When I woke up the sun was shining in my eyes
My silver spurs were gone my head felt twice its size
She took my silver spurs a dollar and a dime
And left me cravin´ for more summer wine
Ohh-oh-oh summer wine


Mit Kater aber ohne Kohle in den Herbst — Sekundaräquinoktium pünktlich am 23. September um 05:09h MESZ.

Next stop: Winter.

Multikulti

Die UNESCO will angesichts der notorischen Globalisierungstendenz das immaterielle Kulturerbe, quasi die überlieferten Volksbräuche weltweit erfassen. Beabsichtigt wird den Respekt, das Bewusstsein sowie die Wertschätzung für gelebte Traditionen aufrecht zu erhalten und zu pflegen.

Überall in der Schweiz werden jetzt Vorschläge gesammelt, wie etwa der Sennabtrieb, die Basler Fasnacht oder das Zürcher Sechseläuten. Weitere Vorschläge finden sich hier.

Eieieieiei.

Falls Chlaus unvermittelt zubeisst und den Betruf auslöst, schnell noch eine Runde Eiertröhlen bevor der crazy Yodel eine Tessiner Laiengruppe anlockt.

PS: Was für eine Suchmaschine ist eigentlich dieses UNESCO?

Ausscheidung

Das Hochgebirge der Schweiz scheidet zwei über die Landesgrenzen hinweg bekannte Abwässer aus: den Rhein und die Rhône. Aus hygienischen Erwägungen werden beide gründlich gereinigt bevor sie sich ins jeweilige Nachbarland ergiessen. Der Rhein wird im Schwäbischen Meer tapfer nach Kehrwochenplan (immerhin drei Parteien!) geputzt während die Rhône ihre mitgeführten Ballaststoffe einfach im Lac Léman sinken lässt.

Vom Seeausfluss auf Genfer Stadtgebiet bis hin zur Grenze nach Frankreich benötigt die aufgeklärte Rhône bei sommerlicher Fliessgeschwindigkeit schlappe zwei Stunden. Diese Zeitspanne nutzen findige lokale Bootsbauer, um beim alljährlichen radeaux du Rhône genevois mit ihren selbstgebastelten Wasserfahrzeugen gemütlich flussabwärts zu driften. Konstruktionsbedingt havarieren einige der Prototypen schon kurz nach dem Stapellauf, weil schlichtweg das archimedische Prinzip unterschätzt wird.

Nichtsdestotrotz wird bei diesem lustigen Treiben auf dem Wasser tüchtig gefeiert, viel getrunken und ausgeschieden — und so kommt die Rhône an einem Samstag im Jahr etwas trüber rüber.

Schlussgang

Als beim Eidgenössischen ein junger Berner Senn nach sieben Siegen ensuite bereits vor dem letzten Gang uneinholbar in Führung lag, war das Kopfzerbrechen von Jury, Fachleuten und Zuschauern gross, ob — im etwaigen Falle einer Niederlage im traditionellen Schlussgang — er lediglich als Erstgekrönter oder trotzdem zum König ausgerufen werden solle.

Emporkömmling Wenger Kilian liess aber an jenem heissen Wochenende alles kalt und er bodigte schlussendlich auch seinen achten Gegner.

Ein Hüfter komplettiert den totalen Sieg

Für den neuen Schweizer Liebling steht IMG als Vermarkter parat und der Lidl-Stucki jetzt etwas dumm da. Trotz langatmiger Positionierung als urchige Marke hat er sich zu billig an den Falschen verkauft und wird nun auch noch mit rechtem Gedankengut („Schweizer kann jeder werden, Eidgenosse nicht“) in Verbindung gebracht. Marketingtechnisch reiner Sepukku.

Generell werden durch die zunehmende Gigantonomie des Älplerfestes selbst kleinere Nachbeben innerhalb der Schwingerszene medial verstärkt.
Ein typischer Fall des dialektischen Umschlags von Quantität in Qualität.

Als Schmankerl zum Saisonausklang noch ein eindrücklicher Hintergrundbericht einer (professionellen) Besucherin des Eidgenössischen Schwingfestes und ein für Nicht-Helveten aufschlussreicher Artikel in der FAZ.

Gut Schwung!

Cardinalzahlen

und notorischer Globalisierungsdruck veranlasst Carlsberg den untertänigen Cardinal demnächst überflüssig zu machen.

Die Produktionsverlagerung der alkoholfreien Biere nach Frankreich als Hauptgrund der Schliessung entbehrt nicht einer gewissen Süffisanz. Der bleifreitankende Hobbyschweizer trank was er konnte, muss jetzt aber wohl eine neue Zapfstelle ansteuern.

Immerhin bleibt blieb der treue Boxer trotz schwieriger Auswärtsspiele in Frankreich und Indien (bis zur Fusion mit Doppelleu 2017) hart am Ball.