Sechser im Letzi

Schweizer Rekord beim Frauenfussball: 18.300 Zuschauer*innen erfroren fast wie immer im zugigen Zürcher Stadion. Eine forsche junge Schweizerin aus Barcelona ohne Stutzen sowie eine technisch elegant agierende Kielerin aus Frankfurt fielen trotz Tartanbahn besonders auf. Für die Heimfans gab es nur wenig erwärmendes zu sehen, der Gäste-Fanblock nebenan hatte dafür mehr Grund am völlig losgelösten Wedeln der Fahnen.

Wie sich die Bilder gleichen – insgesamt sechsmal ging der Blick in den Block zur Linken

Der grosse Kanton liess dabei den Gastgeberinnen der Frauen-EM 2025 kaum Chancen und netzte humorlos weil hoch überlegen gleich sechs Tore ein. Fürs Auge sehr gefällig fielen dabei gleich fünf Treffer in der hiesigen Kurve. Vorausschauend wurde die Novizin auf den Umzug zahlreicher Pressefotografen vom einen zum anderen Tor in der Halbzeit hingewiesen. Aber Fussballstadion geht anders.

So Horny

Damals wars

Im Anfang war die Dächlikappe. Wenige Jahre nachdem Jean die Mauerstadt gegen Frankfurt am Main aus Gründen oder Liebe weniger oder mehr freiwillig tauschte und etwas später auf Prinzessin Karin aus Emdeema traf. Von Homöopathie war noch lange nichts zu spüren und dazwischen lagen diverse Lichtjahre sowieso.

Neinsowars: Petra traf Jan oder umgekehrt und ich in Ffm ein (Donaldem? Geburi!? Äppelwoi!), weil verabredet mit Jan und Petra, genau – die adrette Schaufensterpuppe. Mit im Spiel war noch eine echte Grinsbacke, welche ein Basecap mit gesticktem «Me so horny!» mehr als selbstbewusst trug. Wegen defektem Dekoder war nicht sofort klar welches Horn hier gemeint sein könnte und kapiert wurde die nackte Wahrheit erst nach dringend nötiger Nachhilfe und dann reichlich baff.

Seit jener Offenbarung ein Auge immer auf Kappenkopie. Schwarz oder dunkelblau, Schriftzug jedenfalls kontrastrot. Die Ostküste des grössten Kappenträgerkontinents nach CH hatte kein solches Modell zu bieten. Und die nächtens einem unschuldigem Vorgarten entnommene Starsandstripes nur blasse Kompensation.

I’m so horny. Thats ok, my will ist good.

Äonen später traf mich Horny in einem irrationalen und tangentialen Fokus. Grüne Schuhe. Waren das smaragdgrüne oder hellblaugrüne Schuhe? Oder türkis mit Blockabsatz? Zeugen bekanntlich meist diffus beim memorieren von Farbwahrnehmungen. Manipulierte Erinnerung vs. erinnerte Manipulation. Jedenfalls waren die Schuhe im Blickwinkel auffallend und eher grünlich und mit Absatz und mehr Riemchen als Schnalle, aber keine Stöckelischuhe! Das Trefferbild gibt sich dabei erst im Nachhinein klar zu erkennen. Horny zwar, doch nicht für mich. Noch nicht.

Something in the way

Die Gegenwart darf zeitlich ruhig ein wenig dislozieren damit sie richtig wirkt. Im Rückspiegel verklärt sich gern die Realität. Die vermeintliche Wirklichkeit wird frisch aufgeladen rasant durch den Zeittunnel retour geschickt, um als angehübschte Vergangenheit die Wahrnehmung alsbald neu zu übertünchen. Subjektivität nur Hilfsausdruck, Erinnerung in Zwangsehe mit Skepsis. Kaum verwunderlich, dass bei solchen Störimpulsen die Farben ins Schleudern geraten.

Das Lied ist aus

Retrospektiv kann aus nichts als Unwissenheit leichtfertig eine Schwärmerei gebraut werden – Zeitverschiebung quasi Hefe. Zur gepimpten Unwirklichkeit gesellen sich recherchierte Fans als Beifang aus sieben Richtungen. Korrekt: links rechts mit vorwärts rückwärts plus oben und unten dazu noch innen.

Ziegelstein oder Herz. Hauptsache Schmerz.

Menschenkicker

Tight Club

Deutlich absehbar war, dass sich auf dem Event im Kurgarten ein trinkfestes Publikum einstellen würde, hatte die organisierende katholische Landjugend am Vortag gleich drei Getränkestände plus Schnaps-Bar im Festzelt aufgebaut.

Mittels Gerüststangen wurde ein Käfig-artiger Spielplatz hergerichtet; auf lange Metallstangen wurden dabei PVC-Rohre mit Handschlaufen übergestülpt, an denen die Mitspieler ihre Hände befestigen mussten (selbst die Torwächter!). Nur gemeinsam konnte sich somit die jeweilige Zweierkette nach links und rechts bewegen.

Ein Team umfasste jeweils fünf Spieler im 1-2-2-System. Es wurde ziemlich kräftig gegen den Ball getreten und nicht wenige davon landeten im Gesicht, Unterleib oder dem vorbeifliessenden Bach. Immerhin 12 Teams aus der näheren Umgebung hatten gemeldet, darunter so klangvolle Namen wie die Peterstaler Hexen, das rein weibliche Team Bierzellona oder die in knalligem Magenta grossartig scheiternde Barfuss Bethlehem.

Trikotwerbung

Schon im Auftaktspiel der Veranstaltung fiel dann die Rückennummer von einem gewissen Mattis ins Auge, der offensichtlich ein Anhänger der Theorie vom norwegischen Psychiater Finn Skårderud sein musste, dessen interessante wie abwegige Spekulation von einem um 0,5 Promille zu niedrigem menschlichen Blutalkoholgehalt im Oscar-prämierten Film «Der Rausch» dramaturgisch bravourös umgesetzt wurde.

Im Kurzinterview wurde jedenfalls die Grundüberzeugung des halben Promillegehalts gerne bestätigt und es war eben jener Mattis selbst, welcher am Ende freudetrunken die eigens entzündete Signalfackel auf der Siegerehrung in Händen hielt.

Beim erstmalig ausgetragen Menschenkicker-Cup im Kurort konnte sich nämlich tatsächlich die Mannschaft des heimischen SV Schwarzwald Bad Peterstal im Finale mit einem 1:0 Sieg gegen die Feuerwehr Oppenau II glücklich, aber verdient durchsetzen und damit für die am Wochenende zuvor erlittene zu Null Schlappe auf dem Grossfeld eindrucksvoll rehabilitieren.

Nachwuchsarbeit

Neben einem Sekt-Präsent war ein Gutschein für das Braunbergstüble die Siegesprämie für die zumeist feuchte Angelegenheit. Die etlichen Regenpausen führten dazu, dass das Finale erst gegen 22 Uhr ausgetragen werden konnte, was die Wirkung der Leuchtfackel in der Dunkelheit wunderschön verstärkte und bei den noch sehr jungen Fans bestimmt einen bleibenden Eindruck hinterliess.

Bierkleber

Nach einem sonnigen Beginn musste der Wettbewerb erstmalig am späten Nachmittag aufgrund gleich mehrerer heftiger Wolkenbrüche unterbrochen werden, was der PA im aparten Festzelt jedoch erlaubte die trinkfreudige Kundschaft mit teutonisch-mallorquinisch angehauchten Gassenhauern à la Bieraktivist lautstark zu beschallen. Bis anhin waren dem staunenden auswärtigen Sommerfrischler derartig plumpe Trinkanleitungen mangels Bedarf noch völlig unbekannt.

Gleich mehrere animierende Durchsagen verwiesen auf die abwechslungsreiche Getränkekarte, welche unter choralen Anfeuerungsrufen brav rauf und runter gebechert wurde. Und jetzt alle!

Wasserschlacht

Eine leider etwas zu kurze Regenpause liess uns Schaulustige auf der vorübergehenden Flucht bereits nach wenigen hundert Metern im traurig verwaisten Freibad stranden, wo der vor Ort leider beschäftigungslose Bademeister überraschend freundlich ein wasserdichtes Obdach gewährte und im kurzen Gespräch sein persönliches Leid aufgrund des nun auf ihm lastenden Schwarzen Peters schilderte. Eine für alle Beteiligten unfassbar dramatische und zugleich unentwirrbar komplexe Provinz-Posse!

Womöglich waren wir Schutzsuchende die einzigen Gäste in jener ausfallenden Bade-Saison, welche direkt vor Ort im Regen standen…

Feuchte Angelegenheit

Das Halbfinale und Finale sollte nach etlichen Güssen dann natürlich wieder live erlebt werden und hatte es wirklich in sich. Zum einen musste ein Elfmeterschiessen aus vier Metern über den Finaleinzug entscheiden, zum anderen waren etliche Stürze auf dem zusehends aufgeweichten Boden unvermeidlich, was der Begeisterung im Publikum und Spielfreude der Beteiligten keineswegs schadete, sondern allesamt mächtig erheiterte. Humor ist wenn man trotzdem lacht und so war auch der Alkoholpegel auf dem Festplatz parallel zum rauschend strömenden Sturzbach spürbar angestiegen.

Landliebe

Für die jungen Erwachsenen war dieser sommerliche Saisonhöhepunkt jedenfalls ein Mordsspass, den sie sich durch das von Pfützen übersäte Geläuf keineswegs verderben liessen, sondern tapfer weiter schön tranken. Für den Sommerfrischler hingegen ein exotischer Ausflug in den obskuren Dschungel der gelebten Provinzalität, die an jenem Abend stocknüchtern betrachtet zwar folkloristisch passend, aus Stadtsicht allerdings schon etwas schräg war.

Dekonstruktion

Ferien sind eine anstrengende Beschäftigung, die man erst zu geniessen beginnt, wenn sie vorbei sind.

Renchtaler Kreidekreis

Direkt vor dem Parkplatz-Café wird es offenbar – es gibt zwei Welten und eine Spiegelung. Zwar versprächen beide Hinweise die Öffnung des kaukasischen Himmeltraums, doch der herbe Widerspruch namens Realität lässt den Eingang leider fest verschlossen.

Willkommen heisst anders und der Traum verwandelt sich zusehends ins Trauma.

Kein WC-Papier im Revier!

Die nächste grobe Enttäuschung farbecht in Grau-Weiss. Wo früher Saison übergreifend, egal welche Liga, welches Torverhältnis, welche Unwetter, noch welcher Kontostand eindeutig Blau-Weiss regierte, herrscht nun blanko Szenario. Weder Mast, noch Fahne. Der zugegeben halbwegs anständig geschmiedete Metallzaun kann die erkennbar mit Fussball in Verbindung gebrachte Inschrift nurmehr schlecht kaschieren – doch vom S04 zum E-Jugendmeister ist eine schon etwas strenge Abfahrt.

Vorspiel

Der totale Schock folgt dann sofort: das örtliche Freibad bleibt wegen eines Rechtsstreits zwischen Gemeinde und Betreiber einfach geschlossen. Kein Wespentanz im Pommesduft. Dabei wurde die zuhause vergessene Badehose beim nötigen Umstieg quasi en passant mit einem nagelneuen Modell ersetzt! Eingesetzt wird das neumodische Teil schon allein aus Trotz und die soziologischen Studien bunt tätowierter Badegäste müssen halt im Nachbarort durchgeführt werden.

Als wäre das Fass der Tränen gleich am ersten Ferienwochenende noch immer nicht voll genug, hat die lokale Fussball-Mannschaft einen deftigen 0:5 Kollaps auf heimischem Geläuf offensichtlich schwer zu verdauen (Stichwort dritte Halbzeit!).

Nachspiel

Doch bevor die süddeutschen Ferien nun gänzlich verwässern, kommen erste Lichtblicke. Eine Spassvariante des immerwährenden Spiels lockt intendiert juvenile Mitspieler sowie touristische Zaungäste an. Eine lobende Erwähnung gebührt dabei der Katholische Landjugendbewegung, welche ein Party-Zelt aufstellen wird. Bericht folgt.

Eine weiter aufbauende An- und Aussicht vermittelt ein selbstgebastelter Kalenderspruch, welcher direkt am Stall des wie immer heimeligen Ponyhofs dokumentiert werden konnte.

Meteorologisch bessert sich die Lage täglich und so wird der sehnsuchtsvolle Rückblick auf die Sommerfrische jedenfalls nicht gänzlich am Wetter scheitern…

Heimatfront

Dass ein zerstörter Panzer vor der Russischen Botschaft Unter den Linden ein beeindruckend drastisches Bild abgibt ist offensichtlich. Dass es Menschen mit seltsamen Ansichten gibt ist geschenkt; dass es sich bei der Kundgebung von Alice & Sarah am Brandenburger Tor in Berlin um eine trübe Mischung handelte, kann ich so nicht bestätigen – im Gegenteil wurde beispielsweise der stramm neurechte Stinkstiefel Elsässer noch vor Beginn erkannt, von einer Gruppe der Linken unter den Augen der Ordnungshüter isoliert und gelangte so gar nicht erst auf das eigentliche Gelände. Bibeltreue Fundamentalisten hingegen waren erkennbar. Dass Frau Wagenknecht Populismus ganz gut kann ebenfalls geschenkt. Dass Schwarzer und ihr mangelnde Abgrenzung vorgeworfen wird ist reine Diffamierung und absichtliche Propaganda. Dass weder naiv noch blauäugig Frieden trotzdem unbedingt gesucht werden muss ist bitter nötig, seitdem er verloren wurde.

Happy Hanukkah!

Es werde Licht – ab heute frisch: endlich wieder gratis Lichtminuten, weil Ekliptik schief.

Für die musikalische Untermalung der Lichterfeste aller rauhen Nächte hier noch ein dringender Anspieltipp aus dem hohen Nordosten, wo Radio Lehmann unermüdlich tönende Perlen vor die Säue wirft. Bei Herzschmerz oder nicht, Radio Lehmann hören ist Pflicht. Bildungsauftrag nur Hilfsausdruck. He simply got the bits which really bite.