Pipilotti Retro

Die gefühlig ladykrachende Interpretation der Les Reines Prochaines des unsäglichen End80er-Heulers Wicked Game war ihm bereits wohlbekannt. Dass es aber nämliche Frau Rist ist, welche in der Coverversion der Schweizer Frauencombo stimmlich hysterisch ausflippt, war dem Hobbyschweizer bis dato nicht bewusst und darum musste er erst nach St. Gallen pilgern, um anlässlich einer Werkschau missioniert zu werden.

Die wie ein Kaleidoskop über eine Saalecke gespiegelt erscheinende Videoprojektion im launchigen Ambiente ist leibhaftig betrachtet in Verbindung mit Musik einfach betörend; auf Youtube lässt sich das nicht kopieren, naturalmente. Zudem ist die in St. Gallen gezeigte Version von «Sip My Ocean» teilweise neu geschnitten und auf 10 Minuten verlängert, was die suggestive Wirkung des Unterwasser-Mantras deutlich verstärkt.

Nach dem Auftauchen sind weitere Installationen zu erkennen, wobei sich insbesondere bei «Eine Spitze in den Westen — ein Blick in den Osten» der Schalk von Pipilotti Rist offenbart. Das Werk sieht von aussen betrachtet schon lustig aus, steckt man aber erst den Kopf hinein, kann man neben den innewohnenden Videos (u. a. «I´m Not The Girl Who Misses Much») zudem die Schädel der Mitseher betrachten.

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Videokunst ist heute sicher nicht mehr der unbedingte Brüller, doch wenn ungenierte Poesie und kunterbunte Liebe derart charmant eingewebt und erkennbar wird, muss man die Protagonistin dafür einfach gern haben.

Räblischwur

Was dem Halloween der Kürbis, ist für den kantonalen Zürcher die Räbe. Ritzen und Schnitzen, bisschen Rübe ab, Kerze rein und ab ins Dunkle.

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Fast ausschliesslich für die beliebten Kinderumzüge werden die Räben tonnenweise im Umland angebaut. Mit gerade hundertjähriger Tradition boomt der damit noch recht moderne Brauch stimmungsvoll und antiglobal in seiner lokalen Nische. Die Detailhändler Migros und Coop verbannten unlängst die allermeisten Halloween-Artikel wieder aus ihrem Sortiment und offerieren lieber authentische Räben zum Selberschnitzen. Heile Welt wärmt.

Versprecher

Neulich auf einem Zürcher Spielplatz erzählte ein kleines Mädchen ihrer Mutter vom Kindergartentag. Dabei erwähnte das Kind, dass die Kindergärtnerin „Ufgabe“ gestellt hätte. Sofort verbesserte die Mutter sehr bestimmt, es hiesse nicht „Ufgabe“ sondern „Ufgobe“; bei ihnen daheim würde schliesslich Baseldütsch gesprochen und nicht Züritüütsch!

Aufgrund solch mundartlicher Feinheit und deren unbedingter Wichtigkeit war der Hobbyschweizer schlichtweg baff und neugierig, machte doch die Mutter ansonsten nicht gerade den Eindruck einer volkstümmelnden Landpomeranze. Nach intensiven Nachforschungen verfing sich dann eine aufschlussreiche Alemannische Sprachkarte im Netz.

Und der Hobbyschweizer hat jetzt gelernt, dass Basel (Stadt) eine Niederalemannische Insel in der Schweiz ist und die stolzen Insulaner sich nie (und schon gar nicht von Zürchern!) ein a für ein o vormachen lassen, sondern ihren Dialekt gut pflegen – gestern, heute und morgen.