Schaut man dem Volk aufs Maul, sieht man scharfe Zähne.
Monat: November 2009
Ein Lichtlein brennt
Die Alternative Liste tritt mit einem humorvoll modifizierten Plakat vor das Wahlvolk:
Sackschutz
Novemberstimmung
Ende November wird, wie alle Vierteljahre wieder, über diverse den Eidgenossen vorgelegte Initiativen volksabgestimmt. Ganz weit vorne ist die „40 Meter Kampagne“, die einfach keine hohen Gebäude in Zürich will. Die der Jahreszeit angepasst depressiv wirkende Kampagne scheint beim Wahlvolk zwar chancenlos, dass sich aber jemand an die Menschen jenseits der 40 Meter erinnert isch mega und tut einfach gut:
Die Poleposition verpasst hat wegen allmählich nervender dumpfbackig vorgetragener Fremdenunfreundlichkeit in schwarz-weiss-roter Penetranz die Minarett-Verbot-Initiative. Zudem rumpelt „Stopp – Ja“ syntaktisch etwas.
Völlig ausserhalb der Konkurrenz startend führt Pizza Blitz eine überraschend eingängige Kampagne, auch wenn es mit diesem Slogan nicht ganz zu einem Ehrenplatz bei den Delikatessen gereicht hat:
Ali lebt
ist hier so bekannt wie Dittsche und heisst eigentlich Hasan.
Prima Service
Wohnomat
In unserer Wohnanlage gibt es 364 Wohnungen und in unserem Wohnturm alleine 83 Einheiten. Nach meinen bisherigen Erfahrungen hausen wir im Turm zu Babel – das Sprachgewirr ist vielfältig und ich bin schon wegen meines für hiesige Verhältnisse etwas vorlauten Mundwerkes aufgefallen. Der Schweizer liebt es zum Einen etwas zurückhaltender, zum Anderen verstehen meine vielen Mitmigranten sehr wenig Hochdeutsch und überhaupt ist beim Aufzugfahren eher gemeinsames Schweigen angesagt.
Bei schönem Wetter sieht man ein paar Alpen über dem See, doch ich sehe auch die arg beige Nordwand neben meiner Nase – leider ist unser Turm neben dem Nachbarturm etwas nach hinten gerutscht und nun hab ich die Fassade. Zum permanenten Feierabend scheint die Sonne dann hinten raus.
Abends ist es (noch) beeindruckend die Stadtlichter zu sehen, aber die Taktfrequenz des Zugverkehrs direkt vor dem Haus ist dann leider höher. Generell besteht hier eine eigenartige Geräuschkulisse – ruhig ist es quasi nie!
Einmal ist ein Raubvogel auf AugenFensterhöhe vorbeigekommen und hat mir kurz wohlwollend zugenickt. Wer weiss, vielleicht mach ich einmal den Flugschein. Die Spannung vor dem ersten Gewitter ist gross, weil der Himmel hier oben grösser und mächtiger erscheint als unten und die Horizontsicht viel weiter ist.
Im Keller des Turmes hat es eine Art Waschküche mit ungefähr 50 Maschinen. Die bedient man mit einer vorher extra aufgeladenen Chipkarte. Frech bucht der Apparat beim Start der Waschmaschine gleich drei Franken ab. Nach dem Waschen darf man eine Taste drücken und abhängig von der gewählten Waschtemperatur wird teilweise mehr als die Hälfte des Spieleinsatzes wieder auf die Karte zurückgebucht – eine etwas eigenartige Methode der Stadt als Waschcasinobetreiberin zu eventuellen Zusatzeinnahmen wegen Vergesslichkeit zu kommen.
In der Aula im Eingangsbereich treffen sich gerne die Alten (viele Wohnungen sind alters- und behindertengerecht gebaut — habe schon eine rüstige neunzigjährige Gehstuhlfahrerin kennengelernt!) um alles zu bereden, was so zu bereden ist. Vor den Briefkästen ist eine steinerne Bank um den von der Schaufensterkrankheit geschädigten Beinen etwas Ruhe zu gönnen. Eine ganz bestimmte Dame hab ich bereits im Verdacht mindestens den halben Tag dort unten in der Zugluft zu verbringen.
Mir gefällt der Eingangsraum wegen seiner halligen Akkustik – Stella freut sich sehr übers ECHOEchoecho.
Auf Platte
Pünktlich zum 20sten Jubiläum des wiedervereinigten Plattenbaus teutonischer Prägung wird ab sofort im Wohnturm Lochergut gehaust.
Die Platte in ihrem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf!
Totali
Mannomanntag
Plakat gefunden in Oerlikon, ZH
Kreuzweise
Pfiffiges Marketing verhalf der Marke Schweiz zu einem perfekten Logo, nämlich dem ohnehin schon bekannten weissen Schweizerkreuz auf rotem Grund. Die Popularität Schweizer Werte wird werbewirksam umgesetzt: trendig und kultig verziert das Schweizerkreuz allerlei Waren.
Sicherheit, Souveränität, Strebsamkeit und Sauberkeit mit einem Schuss Urchigkeit gewürzt und einer Prise Wohlstand verfeinert — Swissness schmeckt herzhaft, wirkt edel und ist zudem kleidsam.
Swissness als regionaler Gegenbegriff zur Globalisierung braucht besondere Hege und Pflege, weil das zum Warenfetisch mystifizierte Nationalsymbol ansonsten Gefahr läuft am Markt Wert zu verlieren und in der Folge die Schweiz selbst.
Verständlich dass die eidgenössischen Markenschützer etwas irritiert sind angesichts einer übertrieben pubertär geratenen libyschen Internetseite:
Bildschirmfoto von www.hannibal.ly, zeitweise nicht erreichbar aufgrund Fehlercode 509: „Bandwidth Limit Exceeded“. Die absurde Entwicklung der Libyen-Affäre kurz & bündig auf Wikipedia.