Frischgeld

Bekanntlich verwandelt das Schweizer Bankenwesen nur unter grossem Aussendruck Schwarzgeld in Weissgeld. Zur Belohnung gönnt man sich dafür in Bälde Frischgeld. Etwas eigenartig ist hierbei, dass der bei einem Ideenwettbewerb eigentlich zweitprämierte Entwurf überraschend die vorläufige Druckfreigabe erhielt.

Dabei reichte der ursprüngliche Sieger des Wettbewerbs knackig poppige Notenblätter ein. In Zeiten von Plastikgeld und Cybercash trüge man solch angehübschte Fetische doch ganz gerne als papierne Preziosen im Portemonnaie, n´est-ce pas?

Auszug aus Karl Walker, Das Geld in der Geschichte, Rudolf Zitzmann Verlag; Lauf bei Nürnberg; 1959:

«Als der Sonnenkönig Ludwig XIV. 1715 starb, waren in Frankreich allein die jährlichen Zinsen für die Staatsschuld schon größer als die laufenden Staats-Einnahmen. Der Regent Herzog Philipp von Orleans, der den unmündigen Knaben Ludwig XV. vertrat, fand keinen Rat mehr. In dieser Zeit hatte John Law einigen europäischen Höfen phantastisch anmutende Finanzierungsprojekte unterbreitet, war zuerst abgewiesen, dann aber in Frankreich doch herangezogen worden. John Law, ein Mann von schottischer Herkunft, im Bankwesen bewandert und weit gereist, bekam die Erlaubnis zur Errichtung einer privaten Kreditbank, die bald schon zu einer Staatsbank umgewandelt wurde. Diese Bank gab Zettel aus, von denen Law zunächst nicht mit Unrecht sagte, dass sie genau so gut wie Metallgeld für Zahlungszwecke benutzt werden könnten. Nach seiner Theorie sollten diese Zettel durch den Grund und Boden gedeckt sein, womit der eigentliche und bleibende Wert des Landes beweglich gemacht und in Umlauf gebracht würde. Das Papiergeld sei sogar wertbeständiger als das Silber, „denn die Länder bringen herfür, aber das Silber ist schon hervorgebracht“, und die Landgüter können keine von ihren Nutzungen verlieren, aber das Geld kann sein Gepräge verlieren“. In der praktischen Handhabung richtete man sich jedoch nicht nach diesen Grundsätzen. John Law beugte sich sofort dem Finanzbedürfnis des Staates und räumte ihm ein, dass er auf Grund seines eigenen Kredites – also ohne Grund- und Boden-Deckung – solches Papiergeld ausgeben könne. Bereits im Jahre 1718 wurden seine Zettel Staatspapiergeld. Da in Frankreich um diese Zeit dank der Verschwendung des Hofes Geldmangel herrschte, brachte das Papiergeld wirklich eine Erleichterung. Handel und Gewerbe blühten wieder auf und der Zinsfuß sank.

Inzwischen hatte John Law außerdem eine weitere Gründung vollzogen, die „Mississippi-Compagnie“, eine Handelsgesellschaft auf Aktien, die die Kolonisierung Kanadas und der Länder am Mississippi bezweckte. Diese beiden Operationen zusammen brachten einen ungeheuren spekulativen Aufschwung. Die Staatsbank gab Geld aus, Gewerbe und Manufakturen blühten auf, zahlloses Volk aus aller Welt strömte nach Frankreich und nach den französischen Kolonien. Bis zum Mai 1720 wurden nach einem eigenen Bericht von John Law „500 ganz große Schiffe erbaut oder gekauft, nicht zu sprechen von den Brigantinen und Fregatten, um den Strom von Auswanderern nach dem an Metallen, Seide und Spezereien reichen Louisiana zu bringen.“ – Aber die Notenpresse der Staatsbank war nicht mehr aufzuhalten. Der Herzog von Orleans soll mehr Geld haben drucken lassen als John Law überhaupt wusste. Schließlich waren es 3,7 Milliarden Livres. Und so, wie das Geld vermehrt wurde, stiegen die Preise – sie stiegen so rasch, dass die Produktion bei aller Emsigkeit nicht mehr nachkommen konnte. Die Mississippi-Aktien stiegen mit und waren in wenigen Jahren von 500 auf 18 000 Livres geklettert! – Dann aber kam es beim Rückfluss der Noten zur Ernüchterung. Die Bank konnte die Zettel nicht einlösen, die gewaltige Papiergeld-Masse aber auch nicht im Umlauf lassen. Jetzt war guter Rat teuer. John Law wurde vom Regenten mit größerer Vollmacht ausgestattet, zum Generalkontrolleur der Finanzen ernannt und versuchte nun von dieser Basis aus, sein System mit Willkürmaßnahmen zu retten. Der Wert von Gold und Silber wird plötzlich nach dem Bedürfnis der Bank verändert; man befiehlt die Ablieferung von Edelmetallen, der Besitz von Kleinodien wird unter Strafe gestellt, die Herstellung von Tafelsilber wird untersagt, ja, sogar der Besitz von Bargeld, soweit er über 500 Livres hinausginge, sollte nicht mehr erlaubt sein. Da das aber alles nichts half, wagte Law schließlich die einzig vernünftige Maßnahme, den Wert seiner Bank-Zettel auf die Hälfte herabzusetzen. Der Erfolg war jedoch – in der damaligen Zeit war man so etwas noch nicht gewohnt -, dass ganz Frankreich in schäumenden Aufruhr geriet; das Gesetz musste sofort zurückgenommen werden. John Law konnte sich durch heimliche Flucht retten.» (weiterlesen)

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