Gab es diesen gesellschaftlichen Druck zur Selbstvervollkommnung schon immer, oder trügt der Eindruck, als sei erst im entfesselten Kapitalismus die Notwendigkeit permanent an sich selbst zu arbeiten zu einer fast schon existentiellen Bedrohung geworden? Flaniert der Hobbyschweizer vielleicht gar zu lange unter calvinistischen Zwinglianern am Alpenrand? Sind für zwei eidgenössische Drittel mehr Ferien tatsächlich ein Unding?
Pretty vacant
Wenn das Sein das Bewusstsein bestimmt, die wertorientierte Waren- und Konsumgesellschaft also menschliches Denken und Tun geschichtlich betrachtet mehr und mehr dominiert und schliesslich domestiziert, nimmt es kein Wunder, wenn mensch sich selbst als Ware versteht und auf dem Markt möglichst perfekt ausgestattet anpreist. Und der Markt pausiert nie sondern ist immer und überall.
Ape shall not kill ape.
Die eklektische Globalisierung mörsert ehemals monopolistische Dogmen in zahllose Graustufen — vom Polytheismus zum Monotheismus und gleich wieder zurück. Und über allem schwebt diffus funkelnd die Dreifaltigkeit von Profit, Mehrwert und Zins. Die totale Verwertung forciert erst die boomende Ich-Gesellschaft.
Survival of the fittest
Entspannung förderndes Hatha-Yoga für Hedge-Fond-Jünger, meditative Einkehr im Schweigeseminar für Bonus-Apostel und Modafinil für kreative Kadergötter sind ein renditeträchtiges Pflichtprogramm. Selbstgefällige Selbstheilung durch selbstherrliche Selbstgerechtigkeit.
Mainstream
Der Zeitgeist versucht nun diesen ganzen egozentrischen Mumpitz mit salonfähig gewordenem Öko-Gedankengut für die zunehmende Klientel der Besitzstandswahrer kompatibel zu verdrahten. Mülltrennung als Ablass fürs SUV. Mehr ist mehr und Bio Business und der Schwarm intelligent.
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Bestimmt alles nur Ausdruck altersbedingter Geistesschwäche, bloss, wie sag ich`s dem Chind?