Menschenkicker

Tight Club

Deutlich absehbar war, dass sich auf dem Event im Kurgarten ein trinkfestes Publikum einstellen würde, hatte die organisierende katholische Landjugend am Vortag gleich drei Getränkestände plus Schnaps-Bar im Festzelt aufgebaut.

Mittels Gerüststangen wurde ein Käfig-artiger Spielplatz hergerichtet; auf lange Metallstangen wurden dabei PVC-Rohre mit Handschlaufen übergestülpt, an denen die Mitspieler ihre Hände befestigen mussten (selbst die Torwächter!). Nur gemeinsam konnte sich somit die jeweilige Zweierkette nach links und rechts bewegen.

Ein Team umfasste jeweils fünf Spieler im 1-2-2-System. Es wurde ziemlich kräftig gegen den Ball getreten und nicht wenige davon landeten im Gesicht, Unterleib oder dem vorbeifliessenden Bach. Immerhin 12 Teams aus der näheren Umgebung hatten gemeldet, darunter so klangvolle Namen wie die Peterstaler Hexen, das rein weibliche Team Bierzellona oder die in knalligem Magenta grossartig scheiternde Barfuss Bethlehem.

Trikotwerbung

Schon im Auftaktspiel der Veranstaltung fiel dann die Rückennummer von einem gewissen Mattis ins Auge, der offensichtlich ein Anhänger der Theorie vom norwegischen Psychiater Finn Skårderud sein musste, dessen interessante wie abwegige Spekulation von einem um 0,5 Promille zu niedrigem menschlichen Blutalkoholgehalt im Oscar-prämierten Film «Der Rausch» dramaturgisch bravourös umgesetzt wurde.

Im Kurzinterview wurde jedenfalls die Grundüberzeugung des halben Promillegehalts gerne bestätigt und es war eben jener Mattis selbst, welcher am Ende freudetrunken die eigens entzündete Signalfackel auf der Siegerehrung in Händen hielt.

Beim erstmalig ausgetragen Menschenkicker-Cup im Kurort konnte sich nämlich tatsächlich die Mannschaft des heimischen SV Schwarzwald Bad Peterstal im Finale mit einem 1:0 Sieg gegen die Feuerwehr Oppenau II glücklich, aber verdient durchsetzen und damit für die am Wochenende zuvor erlittene zu Null Schlappe auf dem Grossfeld eindrucksvoll rehabilitieren.

Nachwuchsarbeit

Neben einem Sekt-Präsent war ein Gutschein für das Braunbergstüble die Siegesprämie für die zumeist feuchte Angelegenheit. Die etlichen Regenpausen führten dazu, dass das Finale erst gegen 22 Uhr ausgetragen werden konnte, was die Wirkung der Leuchtfackel in der Dunkelheit wunderschön verstärkte und bei den noch sehr jungen Fans bestimmt einen bleibenden Eindruck hinterliess.

Bierkleber

Nach einem sonnigen Beginn musste der Wettbewerb erstmalig am späten Nachmittag aufgrund gleich mehrerer heftiger Wolkenbrüche unterbrochen werden, was der PA im aparten Festzelt jedoch erlaubte die trinkfreudige Kundschaft mit teutonisch-mallorquinisch angehauchten Gassenhauern à la Bieraktivist lautstark zu beschallen. Bis anhin waren dem staunenden auswärtigen Sommerfrischler derartig plumpe Trinkanleitungen mangels Bedarf noch völlig unbekannt.

Gleich mehrere animierende Durchsagen verwiesen auf die abwechslungsreiche Getränkekarte, welche unter choralen Anfeuerungsrufen brav rauf und runter gebechert wurde. Und jetzt alle!

Wasserschlacht

Eine leider etwas zu kurze Regenpause liess uns Schaulustige auf der vorübergehenden Flucht bereits nach wenigen hundert Metern im traurig verwaisten Freibad stranden, wo der vor Ort leider beschäftigungslose Bademeister überraschend freundlich ein wasserdichtes Obdach gewährte und im kurzen Gespräch sein persönliches Leid aufgrund des nun auf ihm lastenden Schwarzen Peters schilderte. Eine für alle Beteiligten unfassbar dramatische und zugleich unentwirrbar komplexe Provinz-Posse!

Womöglich waren wir Schutzsuchende die einzigen Gäste in jener ausfallenden Bade-Saison, welche direkt vor Ort im Regen standen…

Feuchte Angelegenheit

Das Halbfinale und Finale sollte nach etlichen Güssen dann natürlich wieder live erlebt werden und hatte es wirklich in sich. Zum einen musste ein Elfmeterschiessen aus vier Metern über den Finaleinzug entscheiden, zum anderen waren etliche Stürze auf dem zusehends aufgeweichten Boden unvermeidlich, was der Begeisterung im Publikum und Spielfreude der Beteiligten keineswegs schadete, sondern allesamt mächtig erheiterte. Humor ist wenn man trotzdem lacht und so war auch der Alkoholpegel auf dem Festplatz parallel zum rauschend strömenden Sturzbach spürbar angestiegen.

Landliebe

Für die jungen Erwachsenen war dieser sommerliche Saisonhöhepunkt jedenfalls ein Mordsspass, den sie sich durch das von Pfützen übersäte Geläuf keineswegs verderben liessen, sondern tapfer weiter schön tranken. Für den Sommerfrischler hingegen ein exotischer Ausflug in den obskuren Dschungel der gelebten Provinzalität, die an jenem Abend stocknüchtern betrachtet zwar folkloristisch passend, aus Stadtsicht allerdings schon etwas schräg war.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert