Seifenoper

Faust, Seifen, Jakob, Zürich

Mannmannmann. Kaputtgespielt, hergespielt, völlig überspielt. Hat mich der Wolfgang Seifen, Orgel-Papst aus Berlin-Gedächtniskirche. Den erstbesten Zug am Morgen nach dem letzten wüsten Orkan bestiegen und mit aller Spielfreude am Abend bei den Zürchern den Faust von F. W. Murnau intoniert. Wat n Kerl. Murnau auch, klar, die schwarz-weisse Tragödie von 1926 bietet sich geradezu blasphemisch an, aber Hallo, was der Seifen dazu improvisiert, ist echt irre. We are the Meisters. Er macht den mad organist, er skizziert völlig entspannt Choräle und lässt diese sogleich atonal ins Bodenlose torkeln, er paraphrasiert, er moduliert und akzentuiert gekonnt. Selten war ich von den viereinhalbtausend Pfeifen im St. Jakob so angetan, so berührt, so mitgenommen. Und zum ersten Mal stand ich multimedial assistierend voll im Zug bzw. Sog der Pfeifen, weil oben am Spieltisch bläst und zieht es tatsächlich eher kräftig. Wenn ich nun erwähne, dass der Ur-Motor der jakobinischen Orkanorgel einst mit Wasserkraft arbeitete, bläst mir Sankt Tsunami bestimmt den Marsch.

Und Seifen selber? Total entspannt, alles scheint aus ihm direkt in die Maschine hinein zu fliessen, reagiert auf überschwängliches Lob nach dem Spiel abgeklärt, «naja, wenn man sonst nichts Anderes macht» (also ausser Orgelspielen). Soll ja viele geben, die nichts anderes machen, aber da war einfach ein wahrer Titan am Werke, welcher das Publikum insgesamt berauschte. Im Nachhinein betrachtet war das ganze Ding nicht mal, wie zunächst stümperhaft behauptet, Championsleague, das war schlicht und ergreifend Weltklasse.

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