Nächstenhiebe

Als ich unlängst mit Jim Knopf & Co. längst bestandene Abenteuer wiederholte, traf ich auch Frau Mahlzahn wieder, jene furchteinflössende Lehrerin der Drachenschule im Kummerland, welche ihren Schülern unablässig mit «Hieben» und «Karzer» droht. Für heutige Kinder müssen diese Lehrmethoden wie finsterstes Mittelalter erscheinen, dabei erschien Michael Endes Buch erst vor 50 Jahren und in der Echtzeit war die Redaktion der Schülerzeitung an meiner Schule damals tatsächlich in einer ehemaligen Arrestzelle untergebracht. Schulische Züchtigung war bereits geächtet und verboten, doch ganz dunkel vermag ich mich zu erinnern, dass es da tatsächlich den einen oder anderen Vorfall gab, der entrüstete Eltern an der Schule intervenieren liess, während andere wiederum lieber dem betreffenden Lehrer quasi „freie Hand“ lassen wollten.

Die im Gegensatz hierzu oft im Verborgenen ausgeübte körperliche Gewalt im Elternhaus ist allerdings unheimlicher. Noch unheimlicher wird es, wenn man über das harmlose klingende babywise stolpert und allerlei Seltsames über fundamental-christliche Erziehung erfährt, bei der Kinder gewaltsam zu gottesfürchtigen Wesen herangezogen werden. Auch im Grossen Kanton nebenan ist solch weltanschaulich motivierte Züchtigung momentan ein Thema.

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«Wer sein Kind lieb hat, der hält es stets unter der Rute, daß er hernach Freude an ihm erlebe. Beuge ihm den Hals, weil es noch jung ist; bleue ihm den Rücken, weil es noch klein ist, auf daß es nicht halsstarrig und dir ungehorsam werde.» (SIR 30, 1+12)

Der richtige Umgang mit Kindern ist immer (wieder) eine Herausforderung, an der man viel öfter als einem selbst lieb ist grandios scheitert. Aber für manche Eltern wäre ein Hund dann doch angebrachter als ein Kind. Obwohl, womöglich bisse der dann kleine Kinder…

Das abschliessendes Urteil sei heute dem Schweizer Kinderarzt und Autor Remo Largo überlassen:
«Die Vorstellung, dass das Kind schlecht auf die Welt kommt und die Eltern ihm alles Schlechte austreiben und es zum Guten erziehen müssen, ist so alt wie die jüdisch-christliche Religion. Dahinter steckt die Angst, vom Kind überwältigt zu werden und die Kontrolle zu verlieren. So muss man einem Säugling das Schreien oder einem Kleinkind das Trotzen austreiben, damit diese Verhaltensweisen nicht immer schlimmer werden. Dahinter steckt auch das Bemühen, den Willen des Kindes zu brechen. Das Credo der antiautoritären Erziehung „Das Kind kommt gut auf die Welt“ ist genauso falsch. Die Kinder kommen weder gut noch schlecht auf die Welt. Wie sie werden, hängt vor allem von der Geborgenheit und Zuwendung ab, die sie erhalten, und von den Vorbildern, die sie im Verlaufe der Kindheit erleben.»

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