Einen lakonischen Blickwinkel auf Haupt- und Nebeneingang gewährt die Niederlassung der Privatbank Julius Bär unweit der Zürcher Börse:
Das Bankhaus Bär ist im Sektor Private Banking mit Einlagen von einer Viertelbillion Franken ein Big Player und auf die Vermögensverwaltung wohlhabender Kunden spezialisiert. Beidseitige Profitgier führt ausser in die Schweiz gern in die regulierungsfernen Offshore-Finanzplätze, wo besonders gut Köder gelegt und gewieft Fährten verwischt werden können. Die real existierende Steuerfreiheit auf den Kaimaninseln, wo doppelt soviel Firmen wie Einwohner registriert sind, macht die karibische Inselgruppe zum immerhin fünftgrössten Finanzplatz der Welt.
In der mit Trust-Geschäften betrauten Bär-Niederlassung auf den Kaimaninseln wurde 2002 ein Datenleck vermutet. Dem von der Bank für solche Situationen vorgesehenen Lügendetektor-Test verweigerte sich einer der Mitarbeiter und wurde kurzerhand entlassen. Nachdem in der Folge Bär-Bankdaten öffentlich gemacht wurden, erzwang Julius Bär 2008 die kurzzeitige Stilllegung der Server von Wikileaks per Gerichtsurteil in den USA. Erst als die Bank den negativen Streisand-Effekt ausgiebig kennenlernte, zog sie die Klage gegen Wikileaks wieder zurück.
Der Konflikt zwischen Bank und geschasstem Ex-Manager eskalierte weiter und führte anfangs Jahr zu dessen Verurteilung auf Bewährung in der Schweiz.
Der zunehmend an Michael Kohlhaas angelegt scheinende Desperado übergab just zwei Tage vor jenem Gerichtstermin öffentlichkeitswirksam eine CD mit weitere Bankdaten an Wikileaks. Derlei Datenklau gilt hierzulande als schwere Straftat einer nachrichtendienstlichen Wirtschaftsspionage und führt unter Umständen zum sofortigen Ausstieg eines Beschuldigten.
Dem Gericht vorliegenden Unterlagen über potentielle Steuerhinterziehungen der Zürcher Bank durch Scheingeschäfte auf den Kaimaninseln werden — dingdong, unter Berufung auf Schutz des Bankgeheimnisses — weiterhin unter Verschluss gehalten und so der Einsichtnahme zuständiger Finanzbehörden entzogen.
Rein markttechnisch wird auch künftig der Preis für raubkopierte Bankdaten auf hohem Niveau und das Schweizer Bankgeheimnis ein lukratives Geschäft bleiben — sowieso.
EDIT 14.04.2011:
Wegen ähnlicher Bimbes-Geschichten überlässt Bär dem Grossen Kanton grosszügig eine Portion Peanuts:
„Hehlvetia“
http://www.zeit.de/2011/28/CH-Rudolf-Elmer?commentstart=1#cid-1445793