Für die christliche Bewegung sind Kreuzigung und Auferstehung die Hochzeit des Jahres, noch vor Weihnachten führt Ostern mit 3 zu 2 Feiertagen. Die Dialektik von Sühne und Hoffnung, die sich so vortrefflich ins Unterbewusstsein meisseln lässt und das tragische Drama, in welchem der Held wehrlos und verraten, aber aufrichtig dem Tod entgegen geht, fördern die Legende. Im Drehbuch klare Rollenverteilung: Kaiphas und Pontius P – Jude und Heide als miese Bösewichte, der Todesstrafe fordernde Mob bekommt den Schwarzen Peter. In wohl keiner neuzeitlichen Religion steht der Tod als Opfer so im Zentrum der Verehrung. Kultisch als Erlösung codiert ist er blosse metaphysischen Etappe. Dass einer für alle quasi reinigend stirbt, ist eine ziemlich komplexe und clever durchkombinierte Geschichte.
Kitsch as Kitsch can – fake Heiligenbild:
Und wenn er nicht gestorben ist, dann lebt er noch heute.
Nun wurde seit jeher die tatsächliche Existenz des annoncierten Messiahs hinterfragt und die Zweifel am Dualismus von Tod und Auferstehung blieb systemisch den Säkularen und Andersgläubigen überlassen. Laut Talmud wird er nur «jener Mann» genannt, sei Sohn einer Hure und wurde als falscher Prophet und Verführer Israels angeklagt und gehängt. Im Koran wird ʿĪsā ibn Maryam als Prophet anerkannt, doch nicht dessen Tod am Kreuz. Wobei die islamische Fraktion der Ahmadiyya sogar behauptet, dass Jesus alias Yuz Asaf nach seiner Wanderung schliesslich in Kaschmir begraben und seine Wiederkunft spirituell in Gestalt ihres Religionsgründers erfolgt sei.
Eine neue Facette offeriert nun Historiker Johannes Fried, indem er wissenschaftlich herzuleiten versucht, dass der komatöse Jeschoa bei der Kreuzigung keineswegs gestorben, sondern mit Hilfe von Nicodemus, Myrrhe und Aloe (John 19) wieder genesen und anschliessend untergetaucht sei. Die bei Kreuzigungen oftmals zum Tode führende Erstickung sei dabei auf Golgatha aufgrund des Lanzenstichs eines römischen Soldaten unbeabsichtigt verhindert worden, da nun Wundflüssigkeit aus dem Thorax entweichen konnte und das Atemorgan wieder den notwendigen Platz erhielt. Die Auferstehung also erklärbar und höchstens ein medizinisches Wunder, Himmelfahrt dann schlicht die Flucht des Wanderpredigers. Frieds Indizienkette ist logisch schlüssig, lässt sich Neutestamentarisch halbwegs begründen, bleibt historisch jedoch unbelegt.
Legendenbildung als Geschäftsidee
Glaube und Wunschdenken gehen einträchtig durchs gelobte Land. Jerusalem-Syndrom nur Hilfsausdruck. Der Bibelkritik und Jesus-Forschung bleibt weiter genug Raum für abenteuerliche Spekulation und Interpretation und diese findet ihren Markt, da Thema und Deutung Nachfrage sowohl bedienen wie schaffen. Religiöse Spinner waren immer, und schon immer finden sie Zulauf. Apokalypse, baby.